Es wird Sommer, und je nach persönlichen Vorlieben und Lebenssituation verbringen wir die nächsten Wochen zuhause im Garten, beim Wandern in den Bergen, beim Schwimmen im See oder Meer oder auf einer Reise in unbekannte Weltgegenden. Viele unter uns haben im Sommer das Bedürfnis, die eigenen vier Wände zu verlassen und hinaus zu gehen in die “weite Welt”, die alltägliche Beschränktheit zu überwinden und den persönlichen Horizont zu erweitern. Das kann durchaus auch mit einem guten Buch zuhause im Liegestuhl geschehen. Auch beim Lesen, bei einem vertrauten Gespräch unter Freundinnen und Freunden, beim Tag-träumen können sich uns neue Lebensmöglichkeiten eröffnen.
Wir entdecken neue Spiele, wenn wir mit kleinen Kindern unterwegs sind, ein Bach und ein paar Steine genügen vollkommen dazu.
Wir entdecken neue Wege, unbekannte Pflanzen, unentdeckte Höhlen, wenn wir mit grösseren Kindern Ferien machen.
Wir entdecken die weite Welt und neue Weltanschauungen, wenn wir mit interessierten und interessanten Menschen zusammen die Welt bereisen oder uns auch einfach zuhause gegenseitig besuchen und uns Zeit nehmen fürs Gespräch.
Bei alldem heben wir manchmal abends und nachts den Blick zum Sternenhimmel und erahnen die Unendlichkeit unseres Kosmos. Dann wird uns bewusst, wie klein, gefährdet und doch kostbar und behütet unsere Erde ist, ein kleines Gestirn im grossen Weltall. Und wir fragen uns vielleicht, wie es dort draussen wohl aussehen mag und ob es anderswo auch Leben gibt, und welche Formen davon?
Und vielleicht spüren wir dann so etwas wie Zuneigung, gar Zärtlichkeit für unsere Erde und auch Verantwortungsgefühl. Wir werden uns bewusst, dass unser Alltagsverhalten nicht immer optimal ist für unsere Erde, dass unser Handeln als erwachsener Erdenbewohner hin und wieder neu ausgerichtet werden müsste.
Das Gebet der Vereinten Nationen erinnert mich immer wieder daran:
“Gott, unsere Erde ist nur ein kleines Gestirn im grossen Weltall.
An uns liegt es, daraus einen Planeten zu machen, dessen Geschöpfe nicht von Kriegen gepeinigt werden, nicht von Hunger und Furcht gequält, nicht zerrissen in sinnlose Trennung nach Rasse, Hautfarbe oder Weltanschauung.
Gib uns den Mut und die Voraussicht, schon heute mit diesem Werk zu beginnen, damit unsere Kinder und Kindeskinder einst mit Stolz den Namen Mensch tragen.”
Mir ist dieses Gebet sehr wichtig, weil mir das kleine Gestirn im grossen Weltall so lieb ist und die Kinder auch, die von uns Erwachsenen die Welt erklärt bekommen und oft so gedankenlos eingeteilt in Freund und Feind, in wichtig und unnütz.
Und ich wünsche uns, dass wir uns darin üben, solche Einteilungen etwas zu verschieben und unseren Kindern und jungen Menschen nicht weiszumachen, dass Erfolg und materieller Reichtum alles sind.
Ich wünsche uns, dass wir den Kindern den Blick für die kleinen und grösseren Wunder unsere Erde bewahren oder ihnen von der Sehnsucht nach dem, was hinter den Sternen sein könnte, erzählen.
Ich wünsche uns allen, dass wir in den kommenden Sommertagen unsere Liebe zur Erde spüren, von ihr träumen und ihr nachleben.
Renate von Ballmoos, Pfarrerin Oberbalm